Mundart ist mobile Heimat!

Mundart ist Familiensprache und Ausdruck der Verbundenheit mit bestimmten Personen und einer Region. Hört man seine Muttersprache, fühlt man sich in guter Gesellschaft, aber hört man seinen Heimatdialekt, fühlt man sich zu Hause. Wir fühlen uns hingezogen zu Menschen, die ähnlich sprechen wie wir. Diese frühe Geborgenheit in einer Erzählgemeinschaft prägt Dialektsprechende ein ganzes Leben lang. Dialekt formt Wortschatz, Musikalität und Tonalität der Sprache und wird so zu einem sprachlichen Ausweis, der sagt: „Ja, hier komme ich her!“

Dialekte sterben aus!

Dialekte sind immer mehr vom Aussterben bedroht. Die heutige Jugend spricht lieber Hochdeutsch statt Heimatdialekt. Die mediale Dauerberieslung mit Standarddeutsch verstärkt die Angleichung der gelebten Sprachkultur. In den Kindergärten und der Schule wird Standarddeutsch gesprochen. Berufsleben und Alltag sind weitgehend dialektfrei geworden. Wer in der übernächsten Generation dann noch Dialekt spricht, wird als Exot gelten. Die Weltbildungsorganisation UNESCO hat inzwischen 13 deutsche Dialekte in den Weltatlas der bedrohten Sprachen aufgenommen und macht mit einem Internationalen Tag der Muttersprache, der jährlich am 21. Februar begangen wird, auf das Sprachsterben aufmerksam.

Dialekte müssen gefördert werden!

Die nächste Generation wird nur noch ansatzweise Dialekt sprechen, dann ist es vorbei. Will man dem Niedergang dieser Sprachtradition wirksam entgegentreten, dann kann man die Aufgabe nicht den Eltern überlassen, weil diese häufig selbst keinen Dialekt mehr sprechen.
Insofern ist es höchsterfreulich, dass es mittlerweile zahlreiche Initiativen zur Wiederbelebung der Dialekte gibt: In Bayern war es schon immer Staatsraison, den heimischen Dialekt zu bewahren, beispielsweise durch einen eigenen Unterrichtsschwerpunkt für Bairische Kultur. In NRW sind Dialekte fester Bestandteil des Deutsch-Lehrplans für die Oberstufe. In Baden-Württemberg hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann Ende 2018 eine Dialekt-Offensive gestartet, die auch eine Förderung von Dialekt- und Mundartgruppen und deren Wertschätzung (z. B. Mundart-Preise, Mundart-Tage) beinhaltet.
Auch in Hessen hat die christlich-soziale Koalition aus CDU und SPD das Thema Dialektförderung in ihrem Koalitionsvertrag (2024-2029) aufgegriffen und konkrete Maßnahmen zur Wertschätzung und zur Stärkung der vielfältigen hessischen Sprachkultur vereinbart:

 

“Regionale Kultur und Sprache verlieren an Bedeutung. Damit geht auch ein Stück Heimat verloren. Dem wollen wir entgegentreten. Deshalb wollen wir Dialekte als Teil der Sprachkultur in Kitas und Schulen stärken. Mit Hilfe eines „Runden Tischs Dialekt” wollen wir gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Schule, Wissenschaft und Kunst konkret Ideen und Vorschläge entwickeln, wie Dialekte in Hessen gestärkt werden können“ (Eine für Alle, S. 160f.).

 

Wir brauchen Mundartretter!

Mir geht es aber nicht darum, Dialekt und Standardsprache gegeneinander auszuspielen: Beides ist wichtig – der Dialekt als Sprache der Nähe und die Standardsprache als überregionales Kommunikationsmedium.

Mir geht es um die innere Mehrsprachigkeit, also um die Fähigkeit, je nach Gesprächsanlass, -thema, -situation und -partner die adäquate Sprachvarietät einsetzen zu können. Die heimische Mundart darf nicht verlorengehen. Deshalb gibt es die Plattform Mundartretter.de.
Frank Gumbel, dem Mitbegründer der Mundarttheatergruppe „Die Sainäwwel“ und Kulturpreisträger der Stadt Bürstadt von 2015, ist die Pflege des heimischen Dialekts schon immer ein Anliegen und eine große Freude zugleich. Seit einige Jahren veranstaltet er Mundart-Treffen und Talkrunden, was letztendlich zur Gründung der „Bäschdädder Babbler[1]“ führte. Erst nach beharrlichem Werben war Frank Gumbel bereit, seinen gesammelten Wortschatz als Grundstock für ein „Bürstädter Mundart-Wörterbuch“ einzubringen, wofür ich ihm außerordentlich dankbar bin.

Seither verbindet uns ein gemeinsames Engagement für unseren Heimatdialekt und wir produzieren nach Lust und Laune anregende, aber auch vor allem auch amüsante Mundart-Portraits über besondere Örtlichkeiten in Bürstadt.

 

Interviews

Dialekt sprechen galt lange als Makel. Er hat auch heute hat er noch zuweilen ein Imageproblem. Deshalb muss deutlich werden: Dialekt ist kein schlechtes Hochdeutsch! Die Dialekte waren zuerst da. Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden sie von der normierenden Schriftsprache verdrängt.
Dialekt lebt und stirbt mit den Menschen, die ihn sprechen. Mundart braucht etwas Mut, aber vor allem braucht sie Vorbilder, wie ich sie mit meinem Projekt Mundartretter.de portraitiere. Sie zeigen, dass sprachliche Variationen etwas Normales sind und veranschaulichen (bewusstes) „Codeswitching“ als eine zusätzliche Facette kommunikativer Kompetenz.

MUNDARTRETTER

Heinz Klee
Mundartretter aus Viernheim
Jörg Scheidel
Mundartretter aus Viernheim
Tanja Herbert
Mundartretterin aus Hambach
Bärbel Jäger
Mundartretterin aus Wald-Erlenbach
Peter Engelhardt
Mundartretter aus Kirschhausen
Philipp Breiner
Mundartretter aus der Pfalz
Terms definitions
1. Babbler. [en]

Vielredner/ Schwätzer